Kunstprojekte

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Über Drüstel und hinteres Pratzel

Fassadengestaltung von GabrieleSchöne, 2020

Die Landesberufsschule Hollabrunn hat 2020 eine neue Fleischereiwerkstätte erhalten, die gemeinsam mit der Landwirtschaftlichen Fachschule und der Privaten HTL für Lebensmitteltechnologie genutzt wird. Die von Gabriele Schöne rundum gestaltete Fassade des Baukörpers ist durch ihre klare Formensprache schon von Weitem sichtbar. Bei ihrer Außengestaltung referiert die Künstlerin auf das, was in der Werkstätte passiert, nämlich die Zerteilung der geschlachteten Tiere, so dass sie optimal für den Verzehr geeignet sind.

In ihrer Kunst geht es Schöne um Bewusstmachung im Allgemeinen. Sie möchte überholte Seh- und Handlungsgewohnheiten aufbrechen und Wahrnehmungsstrukturen hinterfragen. In einer Bilderserie von 2009 finden sich bereits Tiere als Silhouetten wieder, die über ihre Negativform akzentuiert werden. Wie schon damals sind auch heute die Motive auf der Fassade der Landesberufsschule Hollabrunn zu weißen monochromen Keramiken reduziert oder lassen als lineare Zeichnungen die Körperlichkeit des Dargestellten außen vor. Die mal als Fries, mal blockartig angeordneten stilisierten Motive strukturieren die Außenwände des neuen Gebäudes und zeigen im Umriss Teile von Rindern und Schweinen, wie sie handwerklich traditionell zerteilt und verarbeitet werden. Das „Schnittmuster" hierfür hat die Künstlerin österreichischen Kochbüchern entnommen.

Die Keramikflächen sind als Zitate kalter, weiß gefliester Wände und Fußböden zu verstehen, wie sie üblicherweise in Zerlegungsräumen von Fleischereien vorzufinden sind. Der Vorgang des Schlachtens und Zerteilens im Inneren des Gebäudes wird von der Künstlerin an der Außenseite des Gebäudes sichtbar gemacht. Schönes Fassadengestaltung stellt im Grunde eine zutiefst gesellschaftspolitische Arbeit dar. Die handgefertigten keramischen Figuren stehen in ihrer individuellen, organisch anmutenden Gestaltung im übertragenen Sinn einer industriellen Fleischverarbeitung diametral entgegen und verweisen auf die Einzigartigkeit eines Tieres als Lebewesen.

Gabriele Schöne ist in Mistelbach geboren, in der Umgebung aufgewachsen und lebt auch heute wieder in der ländlichen Region des Weinviertels. Seit mehr als zehn Jahren setzt sich die Künstlerin in ihrer Arbeit unter anderem mitkonstruierten Naturidyllen, Nutztieren oder auch heimischen Wildtierenauseinander, die in urbanen Kontexten oftmals als Paradebeispiele eines klischeebeladenen Landlebens herhalten müssen.

(Hartwig Knack)

Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich. www.koernoe.at

Weiterführende Informationen unter http://perspektivenaufkunst.net.

Gabriele Schöne

*1961 in Mistelbach/Zaya, lebt in Pillersdorf bei Retz. Studium an der Universität für angewandte Kunst, Wien1980 – 1987. Auslandsstipendium für Malerei in Rom 1985 und Stipendium in Palliano, Italien, 2001. n Auslandsaufenthalt in Los Angeles 1995 – 1996.Gastprofessorin in der Freien Klasse an der Universität für angewandte Kunst,Wien, 1999. Seit 1984 rege Ausstellungstätigkeit u. a. Museum des 20.Jahrhunderts, Wien, Kunsthalle Krems, Nordico Museum Linz, Museum für Gegenwartskunst, Stift Admont, Kunsthaus Mürz, Kunsthalle Wien, Wien.

https://gabrieleschoene.art